Hallo Risikofreunde.
Das Jahr starten wir gleich mal mit einem Kracher.
Jens Klatt kenne ich seit Beginn meiner Journey mit dem CFD-Handel und wir stehen seitdem immer wieder in Kontakt. Sein Buch „Forex Trading“ war eines der ersten Bücher, das ich zum Thema Forex-Trading gelesen habe und es hat viel wertvollen Background vermittelt und mich in die Lage versetzt, eigene Analysen anzustrengen und eigene Handelsansätze zu entwickeln. Etwas, das mir später sehr dabei geholfen hat, um Informationen aus anderen Quellen besser zu filtern, so das mehr brauchbare Infos aufgenommen werden. Davon profitiere ich bis heute.
Davy: Servus Jens,
vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst.
Unser erster Kontakt liegt schon länger zurück. Es war 2014/2015. Du warst Head of Research bei FXCM/DailyFX und ich ein Neuling in Sachen Index- und Forex-Trading der bei FXCM ein Demo-Konto eröffnete. Wenn wir uns kurz in der Gegenwart ansehen, so widmest Du Dich seit mehreren Jahren deiner Vermögensverwaltung und bist aber weiterhin mit den täglichen Live-Streams, dem Morning Meeting für verschiedene Broker aktiv.
Bitte stelle Dich kurz vor und gib uns doch einen Einblick, woran du gerade arbeitest und wie Dich dein Weg dorthin geführt hat.
Jens: Hi Davy, vielen Dank für die Einladung.
Also: mein Name ist Jens Klatt und ich bin Gründer und Geschäftsführer von Jens Klatt Trading.
Nach meiner Ausbildung zum Bankkaufmann habe ich Mathematik und Volkswirtschaftslehre studiert und währenddessen den Börsenhandel von der Pike auf bei einem großen Börsenmakler erlernt.
Wie du dann schon sagtest, habe ich anschließend bei einem der größten FX- und CFD-Retail-Broker der Welt, FXCM, als Head of Research/Chef-Analyst den Research-Arm DailyFX, welcher für Marktnachrichten und Analysen steht und zugleich seinen Fokus auf der Ausbildung von Retail-Tradern hat, für den Standort Deutschland, Österreich und Schweiz gemanagt und aufgebaut.
Während dieser Zeit wurde ich vom Finanzbuchverlag gefragt, ob ich nicht Interesse hätte ein Buch zum Thema Devisenhandel zu schreiben und hier ist dann „Forex-Trading: Grundlagen, Strategien und Methoden für den erfolgreichen Devisen-Trader“ entstanden.
Das war eine großartige und interessante Erfahrung, von der ich ehrlich gesprochen nicht erwartet hätte, dass sie zu einem solchen Erfolg wird und so ist der FBV tatsächlich im Jahr 2017 noch einmal an mich herangetreten und fragte, ob ich nicht Interesse hätte ein zweites Buch zu schreiben.
Zwischenzeitlich hatte ich mich bereits selbstständig gemacht, hatte 2016 „Jens Klatt Trading“ ins Leben gerufen.
Tatsächlich gab es hier mehrere Gründe: der Gedanke, mich selbstständig zu machen, umtrieb mich schon eine ganze Weile, besonders getrieben durch meinen besten Freund, den ich bereits seit meiner Jugend kenne, der sich Ende der 90ziger bereits ebenfalls selbstständig gemacht hatte, viel Erfolg gehabt hat und weiterhin hat und mir sagte: „Ich habe viele Menschen kennengelernt, alle wollten auch selbstständig sein, aber du, du hast einfach das richtige Mindset – mach das, du wirst es nicht bereuen…“
Er hatte sich damals kurz nach der Geburt seiner Tochter selbstständig gemacht und ich sah das irgendwie als Zeichen, als mein Wunsch nach einem „Tapetenwechsel“ immer stärker wurde, meine Frau mir rund 4 Monate nach unserer Hochzeit sagte: „Du wirst Vater…“ und das war dann das Signal.
Aber zurück zum zweiten Buch: da ich wusste, dass ein weiteres Buch-Projekt viel Zeit in Anspruch nehmen würde, war ich zunächst skeptisch, willigte dann aber doch ein und das Endprodukt war dann „Trader – Der Weg zur profitablen Handelsstrategie – in jedem Markt„
Neben den beiden Büchern liegt mein Fokus auf Marktnachrichten und Analysen und meinem Trading.
In Bezug auf mein Trading teilt sich das auf in „Eigenes Trading“ und meine „Managed Account-Lösung“, wobei mein Hauptfokus hinsichtlich meiner persönlichen Entwicklung derzeit ziemlich stark auf meinem eigenen Trading liegt.
Tatsächlich ist mein Fokus über das Jahr 2020 und Corona sehr stark in Richtung „US-Aktien“ gewechselt.
Der Grund hierfür ist neben einer breiteren Aufstellung in meinem Angebot, ganz besonders im Bereich Research für Broker und deren Kunden, steuerlicher Natur.
Wie du vielleicht mitbekommen hast, kam es ja Ende 2019 zu einer Gesetzesänderung, wo unter dem damaligen Finanzminister Scholz (der ist dann ja nach der Bundestagswahl 2021 aus der Politik verschwunden, zumindest hört man von dem ja nichts mehr…?) eine Verlustgegenrechnung von u.a. CFDs bis maximal 10.000 Euro, dann 20.000 Euro entschieden wurde, was ab einer bestimmten Größenordnung sogar dazu geführt hätte, dass man für das jeweilige Geschäftsjahr durch die Gesetzesänderung einen Verlust hätte ausweisen können, da die Steuerlast größer gewesen wäre, als die realisierten Gewinne.
Nun, Aktien waren von dieser Änderung nicht betroffen und da ich Sorge hatte, dass CFD-Broker, mit denen ich ja verstärkt zusammenarbeite, infolgedessen ihre Geschäftsbeziehungen auf dem deutschen Markt deutlich reduzieren oder ihr Geschäft entsprechend anders ausrichten (sei es auf Krypto oder eben Aktien), nahm ich eine solche Entscheidung vorweg und kehrte im übertragenen Sinne zu meinen Wurzeln zurück.
Als ich den Börsenhandel während meines Studiums von der Pike auf lernte, handelte ich nämlich tatsächlich primär US-Aktien – und naja…?
Die Morning Meetings haben mich in all den Jahren stets weiter begleitet und finden immer noch Anklang. Würde ich gefragt „Warum?“, würde ich sagen, weil die Zuhörer spüren dürften, dass das wirklich meine Sicht auf die Dinge, also den Markt, ist und somit authentisch.
Und so ist es auch in der Tat, wenn man so möchte, handelt es sich bei den Morning Meeting im übertragenen Sinne um ein „Ordnen meiner Gedanken“: was bewegt die einzelnen Märkte aktuell und wie lassen sich hieraus Trading-Hypothesen ableiten.
Das hilft mir ungemein mein Trading bzw. meine Setups in die richtige Richtung auszurichten, sollte einer meiner Gedanken mal „Quatsch“ sein, weisen mich die unzähligen Teilnehmer darauf hin bzw. sorgen mit ihren Fragen für eine weitere Spezifikation meiner Gedanken und am Ende gewinnen wir alle und schaffen es, uns gemeinsam erfolgreich an den Märkten zu positionieren bzw. zu bewegen.
Davy: Dass du all die Jahre die Morning Meetings eisern durchführst, bringt mich zur ersten Frage: Welche Aspekte machen es für Dich besonders reizvoll, die täglichen Analysen der verschiedenen Märkte und Aktien durchzuführen?
Jens: Wie bereits gesagt, es hilft einfach meinem Trading insgesamt enorm, offen über meine Gedanken zu sprechen und durch die Reichweite und die Möglichkeiten, die uns Livestreams oder auch soziale Medien bieten, ausgehend von Rückfragen oder Denkanstößen, Fragen zu weiteren, potenziell interessanten Assets zu profitieren. Darüber hinaus finde ich das dem Trading bzw. dem mit diesem einhergehende Research innewohnende „Puzzle spielen“ unglaublich ansprechend. Wenn man so möchte, liegen vor mir viele kleine Puzzle-Teile und meine Aufgabe als Analyst und final dann als Trader ist es, diese zu einem stimmigen, Chance-Risiko-Verhältnis-technisch attraktiven Bild zusammenzusetzen.
Davy: Meine Gegenwart sieht weiterhin so aus, dass ich seit sieben Jahren vielen guten Ratschlägen trotze, um selbst möglichst oft zu stolpern und wieder aufzustehen 🙂
Das CFD-Trading habe ich trotz regulatorischer Hürden nicht aufgegeben und je nachdem wie dieses Jahr für mein Aktiendepot verläuft, wird es für mich höchste Eisenbahn, eine vvGmbH zu gründen.
Zu deiner Zeit bei DailyFX hast du den CoT-Report (Was ist der CoT-Report? => https://de.wikipedia.org/wiki/Commitment_of_Traders_Report) sehr oft als Analysewerkzeug herangezogen. In den letzten zwei bis drei Jahren wird dies gefühlt weniger. Liefert er keinen Vorteil mehr, weil ihn alle nutzen? Oder bietet er deinem aktuellen Ansatz keinen Mehrwert?
Jens: Ich denke, dass der CoT weiter einen Vorteil bietet, absolut. Nur ist durch meinen Switch in Richtung „US-Aktien“ und hier besonders in den Bereich „kurzfristiges Intraday-Trading“ die Betrachtung des CoT nicht mehr essenziell, auch wenn ich dennoch weiter einen Blick auf die Non Comms in Bezug auf ihre Positionierung besonders im E-Mini-S&P500 Future habe, eher auf den Short Float und die Institutional Ownership in einer Tesla. ?
Bei längerfristigen Trades, bspw. „Monats-Swings“ im Macro-Bereich, sei es im Bereich Indizes oder FX bzw. Commodities würde ich aber auf jeden Fall weiter einen Blick auf den CoT werfen, definitiv.
Davy: In einem deiner eigenen Artikel oder Bücher hast du erwähnt (glaube ich?!), dass du jedes Jahr um die Weihnachtszeit die „Magier der Märkte“ von Jack Schwager liest. Das versuche ich auch und habe mir inzwischen mehrmals den Nachfolger „Das kleine Buch der Market Wizards“ durchgelesen. Welche Bücher kannst du uns wärmstens empfehlen?
Jens: Hahaha…? Nicht ganz, tatsächlich schaue ich jedes Weihnachten „Wallstreet“, allerdings im abgelaufenen Jahr nicht, da wollten meine Jungs, warum auch immer, lieber „Verrückte Weihnachten“ mit Jamie Lee Curtis schauen… Aber das kriege ich in den kommenden Jahren schon noch hin, dass Gordon Gekko bzw. Michael Douglas und Bud Fox bzw. Charlie Sheen auch ganz gute Schauspieler sind…?
Aber zu den Büchern: tatsächlich habe ich mir während der Corona- und Lockdown-Zeit einen Jahres-Vorsatz gesetzt, den ich seither auch konsequent in Form eines penibel geführten Journals meinerseits umsetze: mindestens 1 Buch pro Monat zu lesen (oder zu hören via Audible). Und das erweitert das Spektrum in Bezug auf faszinierende Themen, über die man sich Gedanken machen kann, wirklich enorm, ist in der Tat nicht aufs Trading beschränkt.
Dennoch gibt es auch Trading-Bücher, die ich gerne immer wieder lese, neben den „Magiern der Märkte“, ist dort auch „Trading-Psychologie“ von Norman Welz, „Trading in the Zone“ von Mark Douglas, „One Good Trade“ und „The Playbook“ von Mike Bellafiore, „Professioneller Börsenhandel“ von Erdal Cene oder auch „Trader“ von einem gewissen Jens Klatt (relativ unbekannt…?) angesiedelt.
Davy: In einer meiner extrem aktiven Phasen des Daytrading, habe ich mehr als 30 Handelstage am Stück im Gewinn geschlossen. Dies gelang mir allerdings erst, als ich von 2%-Kapitalrisiko auf unter 0,4% Risiko pro Trade runterging. Plötzlich wurde das Trading federleicht und ich habe keine Orders ohne konkretes Signal eröffnet, sondern geduldig abgewartet, bis das Signal auch tatsächlich entstand. Weiterhin habe ich mir weiter entfernte Stopps gegönnt und diese erst nachgezogen, wenn es sinnvoll war und nicht um „ein paar Punkte“ zu sichern.
Das gab mir großes Selbstvertrauen, es mit den ursprünglichen Positionsgrößen erneut zu versuchen. Es hat keine drei Wochen gedauert, bis ich das Trading dann für die nächste Zeit aufgegeben habe.
Es scheint offensichtlich, dass es viel damit zu tun hat, welche Mentale Haltung ein Trader einnimmt und wie er diese überhaupt erlangt und dann stärkt. Tradingpsychologie ist generell ein wichtiges, und wie ich den Eindruck habe auch bei Dir beliebtes Thema.
Welche Ratschläge kannst Du uns geben um das richtige Mindset zu finden und zu festigen?
Gibt es hierzu persönliche Erfahrungen, zum Beispiel anhand von Situationen die dies Beschreiben, welche Du mit uns teilen willst?
Jens: In Bezug auf das Finden des „richtigen Mindsets“ hat mir in den letzten Jahren enorm das Thema „Meditation“ und „Mindfulness“ die Augen geöffnet. Ich würde tatsächlich jedem Trader empfehlen, sich intensiv mit diesem Thema auseinanderzusetzen, weil es nicht nur in Bezug aufs Trading, sondern auch in Bezug aufs Leben insgesamt einen enormen Beitrag liefert, der einem hilft, einfach „im Moment zu sein“. Ein guter Startpunkt war für mich hier headspace.com/de
Dieses „im Moment“ zu sein, bedeutet in Bezug aufs Trading, dass du dich einzig und allein auf das Treffen der richtigen Entscheidung fokussiert, losgelöst von deiner PnL und deinen Trade dann auch in deinem Trading Journal ausgehend von dieser Prozess-orientierten Herangehensweise dokumentierst und dein Trading entsprechend einordnest.
Zur persönlichen Erfahrung: tatsächlich hatte ich kurze Zeit nach meinem Switch zurück zum US-Aktien-Trading Schwierigkeiten „den Abzug zu drücken“. Anders als in meinem vorigen, intensiven Trading von Indizes und FX und meinem Verständnis der „Macro-Themen“ hatte das auch mit aufkommenden Zweifeln zu tun, ob ich wirklich verstehe, was ich dort tue bzw. plane zu tun.
Das hat dazu geführt, dass ich in Bezug auf mein Positionsgrößen-Management komplett „back to basics“ gegangen bin: Positionsgröße runter auf ein absolutes Minimum mit dem Ziel, Konsistenz in meine tägliche Trading-Routine zu bekommen und „den Abzug zu drücken“, wenn sich das jeweilige Setup ausgehend von meinem Game Plan präsentiert hat, immer mit dem kontinuierlichen Gedanken, durch Atemtechniken in den Moment zu gelangen und den Trade einfach zuzulassen.
Das Ganze habe ich ergänzt um einen Plan, wie ich stückweise Risiko-technisch plane aufzusteigen (z.B. 3 Ausführungen nach Plan und 2 profitable Tage à nächste Stufe) und so bin ich relativ zügig wieder auf von mir gewohnte, tatsächlich sogar darüber hinaus, Risiko-Niveaus aufgestiegen, ohne wirklich auf meine PnL zu schauen, sondern lediglich auf den Prozess fokussiert.
Wenn Ihr Jens selbst Fragen stellen wollt, so findet ihr über seiner Website jk-trading.com die entsprechenden Kontaktmöglichkeiten und einen Invite-Link für seinen Discord-Channel. Dort bin auch ich häufig mit dem Nick „OnkelSeaborn“ online.
Danke fürs Lesen, Davy
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